Urkundenanhang
2. Erklärung über das Seekriegsrecht



E r s t e s  K a p i t e l
Die Blockade in Kriegszeiten
 

   Art.1. Die Blockade muß auf die feindlichen und vom Feinde besetzten Häfen beschränkt werden.

   Art. 2. Entsprechend der Pariser Deklaration von 1856 muß die Blockade, um rechtlich wirksam zu sein, tatsächlich wirksam sein, das heißt, durch eine Streitmacht aufrechterhalten werden, welche hinreicht, um den Zugang zur feindlichen Küste in Wirklichkeit zu verhindern.

   Art. 3. Die Frage, ob die Blockade tatsächlich wirksam ist, bildet eine Tatfrage.

   Art. 4. Die Blockade gilt nicht als aufgehoben, wenn sich die blockierenden Streitmächte infolge schlechten Wetters zeitweise entfernt haben.

   Art. 5. Die Blockade muß den verschiedenen Flaggen gegenüber unparteiisch gehandhabt werden.

   Art. 6. Der Befehlshaber der blockierenden Streitmacht kann Kriegsschiffen die Erlaubnis erteilen, den blockierten Hafen anzulaufen und ihn später wieder zu verlassen.

   Art. 7.  Ein neutrales Schiff kann im Falle der von einer Befehlsstelle der blockierenden Streitkräfte festgestellten Seenot in die blockierte Örtlichkeit einlaufen und diese später unter der Voraussetzung wieder verlassen, daß es dort keinerlei Ladung gelöscht oder eingenommen hat.

   Art. 8. Um rechtlich wirksam zu sein muß die Blockade gemäß Artikel 9 erklärt und gemäß Artikel 11, 16 bekannt gegeben werden.

   Art. 9. Die Blockadeerklärung wird entweder von der blockierenden Macht oder von den in ihrem Namen handelnden Befehlsstellen der Marine erlassen.
   Sie bestimmt:

  1. den Tag des Beginns der Blockade;
  2. die geographischen Grenzen der blockierten Küstenstrecke;
  3. die Frist, die den neutralen Schiffen zum Auslaufen gewährt werden muß.

   Art. 10. Wenn die blockierende Macht oder die in ihrem Namen handelnden Befehlsstellen der Marine die Angaben nicht einhalten, die sie zufolge Artikel 9 Nr. 1,2 in die Blockadeerklärung aufzunehmen hatten, so ist diese Erklärung nichtig, und ist eine neue Erklärung notwendig, damit die Blockade Rechtswirksamkeit erlangt.

   Art. 11. Die Blockadeerklärung wird bekannt gegeben:

  1. den neutralen Mächten durch die blockierende Macht mittels einer Mitteilung, die an die Regierungen selbst oder an deren beglaubigte Vertreter zu richten ist;
  2. den örtlich zuständigen Behörden durch den Befehlshaber der blockierenden Streitmacht. Diese Behörden sollen davon ihrerseits möglichst bald die fremden Konsuln benachrichtigen, die ihre Amtstätigkeit in dem blockierten Hafen oder auf der blockierten Küstenstrecke ausüben.

   Art. 12. Die Regeln über die Erklärung und die Bekanntgabe der Blockade finden ebenfalls Anwendung, wenn die Blockade ausgedehnt oder nach ihrer Aufhebung wieder aufgenommen werden soll.

   Art. 13. Die freiwillige Aufhebung sowie jede etwa erfolgende Einschränkung der Blockade muß auf die im Artikel 11 vorgeschriebene Art bekanntgegeben werden.

   Art. 14. Die Zulässigkeit der Beschlagnahme eines neutralen Schiffes wegen Blockadebruchs ist bedingt durch die wirkliche oder vermutete Kenntnis der Blockade.

   Art. 15. Die Kenntnis der Blockade wird bis zum Beweise des Gegenteils vermutet, wenn das Schiff einen neutralen Hafen nach Ablauf angemessener Zeit seit Bekanntgabe der Blockade an die diesen Hafen innehabende Macht verlassen hat.

   Art. 16. Wenn ein Schiff, das sich dem blockierten Hafen nähert, von dem Bestehen der Blockade keine Kenntnis erlangt hat, auch diese Kenntnis nicht vermutet werden kann, so muß die Bekanntgabe an das Schiff selbst durch einen Offizier eines der Schiffe der blockierenden Streitmacht erfolgen. Diese Bekanntgabe muß in das Schiffstagebuch eintragen werden unter Angabe des Tages und der Stunde sowie des derzeitigen Schiffsorts.
   Einem neutralen Schiffe, das aus dem blockierten Hafen ausläuft, muß freie Durchfahrt gestattet werden, wenn infolge einer Versäumnis des Befehlshabers der blockierenden Streitmacht die Blockadeerklärung den örtlich zuständigen Behörden nicht bekanntgegebenen Erklärung eine Frist nicht bestimmt war.

   Art 17. Die Beschlagnahme neutraler Schiffe wegen Blockadebruchs darf nur innerhalb des Aktionsbereichs der Kriegsschiffe stattfinden, die beauftragt sind, die tatsächlich Wirksamkeit der Blockade sicherzustellen.

   Art. 18. Die blockierenden Streitkräfte dürfen den Zugang zu neutralen Häfen und Küsten nicht versperren.

   Art. 19. Ein die Beschlagnahme des Schiffes rechtfertigender Blockadebruch ist nicht als vorliegend anzunehmen, wenn sich das Schiff derzeit auf der Fahrt nach einem nicht blockierten Hafen befindet, wie auch immer die spätere Bestimmung von Schiff oder Ladung sein mag.

   Art. 20. Ein Schiff, das unter Blockadebruch den blockierten Hafen verlassen oder anzulaufen versucht hat, bleibt der Beschlagnahme  ausgesetzt, solange es durch ein Kriegsschiff der blockierenden Streitmacht verfolgt wird. Ist die Verfolgung aufgegeben oder die Blockade aufgehoben, so kann seine Beschlagnahme nicht mehr bewirkt werden.

   Art. 21. Ein des Blockadebruchs schuldig befundenes Schiff wird eingezogen. Die Ladung wird gleichfalls eingezogen, sofern nicht nachgewiesen wird, daß der Befrachter zur Zeit der Verladung der Ware die Absicht des Blockadebruchs weder gekannt hat noch kennen konnte.


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