Urkundenanhang
2. Erklärung über das Seekriegsrecht



Z w e i t e s  K a p i t e l
Kriegskonterbande

 

   Art.22. Als Kriegskonterbande werden ohne weiteres die nachstehenden, unter der Bezeichnung absolute Konterbande begriffenen Gegenstände und Stoffe angesehen:

  1. Waffen jeder Art, mit Einschluß der Jagdwaffen, und ihr als solche kenntlichen Bestandteile;
  2. Geschosse, Kartuschen und Patronen jeder Art sowie ihre als solche kenntlichen Bestandteile;
  3. Schießpulver und Sprengstoffe, die besonders für den Krieg bestimmt sind;
  4. Lafetten, Munitionswagen, Protzen, Proviantwagen, Feldschmieden und ihre als solche kenntlichen Bestandteile;
  5. militärische und als solche kenntliche Kleidungs- und Ausrüstungsstücke
  6. militärisches, las solches kenntliches Geschirr jeder Art;
  7. für den Krieg benutzbare Reit-,  Zug- und Lasttiere;
  8. Lagergerät und seine als solche kenntlichen Bestandteile;
  9. Panzerplatten;
  10. Kriegsschiffe und sonstige Kriegsfahrzeuge sowie solche Bestandteile, die nach ihrer besonderen Beschaffenheit nur auf einem Kriegsfahrzeuge benutzt werden können;
  11. Werkzeuge und Vorrichtungen, die ausschließlich zur Anfertigung von Kriegsmaterial oder zur Anfertigung und Ausbesserung von Waffen und von Landkriegs- oder Seekriegsmaterial hergestellt sind.

   Art. 23. Gegenstände und Stoffe, die ausschließlich für den Krieg verwendet werden, können in die Liste der absoluten Kriegskonterbande mittels einer Erklärung, die bekanntzugeben ist, aufgenommen werden.
   Die Bekanntgabe wird an die Regierungen der anderen Mächte oder an deren bei der erklärenden Macht beglaubigten Vertreter gerichtet. Eine Bekanntgabe, die nach Beginn der Feindseligkeiten stattfindet, wird nur an die neutralen Mächte gerichtet.

   Art. 24. Als Kriegskonterbande werden ohne weiteres folgende für kriegerische wie für friedliche Zwecke verwendbare, unter der Bezeichnung relative Konterbande begriffene Gegenstände und Stoffe angesehen:

  1. Lebensmittel;
  2. Furage und zur Viehfütterung geeignet Körnerfrüchte;
  3. für militärische Zwecke geeignete Kleidungsstücke, Kleidungsstoffe und Schuhwerk;
  4. Gold und Silber, geprägt und in Barren, sowie Papiergeld;
  5. für den Krieg verwendbare Fuhrwerke jeder Art und ihre Bestandteile;
  6. Schiffe, Boote und Fahrzeuge jeder Art, Schwimmdocks und Vorrichtungen für Trockendocks sowie ihre Bestandteile;
  7. festes und rollendes Eisenbahnmaterial, Telegraphen-, Funktelegraphen- und Telefonmaterial;
  8. Luftschiffe und Flugmaschinen, ihre als solche kenntlichen Bestandteile sowie Zubehörstücke, Gegenstände und Stoffe, die erkennbar zur Luftfahrt oder zu Flugzwecken dienen sollen;
  9. Feuerungsmaterial und Schmierstoffe;
  10. Schießpulver und Sprengstoffe, die nicht besonders für den Krieg bestimmt sind;
  11. Stacheldraht sowie die zu dessen Befestigung und Zerschneidung dienenden Werkzeuge;
  12. Hufeisen und Hufschmiedegerät;
  13. Geschirr und Sattelzeug;
  14. Doppelgläser, Fernrohre, Chronometer und nautische Instrumente aller Art.

   Art. 25. Gegenstände und Stoffe, die für kriegerische wie für friedliche Zwecke verwendbar sind und nicht schon in den Artikeln 22, 24 aufgeführt sind, können mittels einer Erklärung, die in der im Artikel 23 Abs. 2 vorgesehenen Weise bekanntzugeben ist, in die Liste der relativen Konterbande aufgenommen werden.

   Art. 26. Verzichtet eine Macht ihrerseits darauf, Gegenstände und Stoffe, die zu den Artikeln 22, 24 aufgezählten Gruppen gehören, als Kriegskonterbande zu betrachten, so hat sie ihre Absicht durch eine Erklärung kundzugeben, die in der im Artikel 23 Abs. 2 vorgesehenen Weise bekannt gemacht wird.

   Art. 27. Gegenstände und Stoffe, die für kriegerische Zwecke nicht verwendbar sind, können nicht als Kriegskonterbande erklärt werden.

   Art. 28. Als Kriegskonterbande können die nachstehenden Gegenstände nicht erklärt werden:

  1. Rohbaumwolle, Rohwolle, Rohseide, rohe Jute, roher Flachs, roher Hanf und andere Rohstoffe der Textilindustrie, sowie die daraus gesponnenen Garne;
  2. ölhaltige Nüsse und Sämereien, Kopra;
  3. Kautschuk, Harz, Gummi und Lack, Hopfen;
  4. rohe Felle, Hörner, Knochen und Elfenbein;
  5. natürlicher und künstlicher Dünger, mit Einschluß der für die Landwirtschaft verwendbaren Nitrate und Phosphate;
  6. Erze;
  7. Erde, ton , Kalk, Kreide, Steine mit Einschluß des Marmors, Ziegelsteine, Schiefer und Dachziegel;
  8. Porzellan- und Glaswaren;
  9. Papier und die zu seiner Herstellung zubereiteten Stoffe;
  10.  Seife, Farbe mit Einschluß der ausschließlich zu ihrer Herstellung bestimmten Materialien, und Firnis
  11. Chlorkalk, Soda, Ätznatron, schwefelsaures Natron in Kuchen, Ammoniak, schwefelsaures Ammoniak und Kupfervitriol;
  12. Maschinen für Landwirtschaft, für Bergbau, für Textilindustrie und für Buchdruckerei;
  13. Edelsteine, Halbedelsteine, Perlen, Perlmutter und Korallen;
  14. Turm- und Wanduhren, Standuhren, Taschenuhren außer Chronometern;
  15. Mode- und Galanteriewaren;
  16. Federn jeder Art, Haare und Borsten;
  17. Gegenstände zur Wohnungseinrichtung und zum Wohnungsschmucke; Bureaumöbel und Bureaubedarf.

   Art. 29. Als Kriegskonterbande können ferner nicht angesehen werden:

  1. Gegenstände und Stoffe, die ausschließlich zur Pflege der Kranken und Verwundeten dienen, jedoch mit der Maßgabe, daß sie im Fall gewichtiger militärischer Erfordernisse gegen Entschädigung angefordert werden können, wenn sie die in Artikel 30 vorgesehene Bestimmung haben;
  2. Gegenstände und Stoffe, die zum Gebrauche des Schiffes, wo sie vorgefunden werden, oder zum Gebrauche der Besatzung oder der Passagiere diese Schiffes während der Reise bestimmt sind.

   Art. 30. Die Gegenstände der absoluten Konterbande unterliegen der Beschlagnahme, wenn bewiesen wird, daß ihre Bestimmung das feindliche oder vom Feinde besetzte Gebiet oder die feindliche Streitmacht ist. Es macht keinen Unterschied, ob die Zuführung dieser Gegenstände unmittelbar erfolgt, oder ob sie noch eine Umladung oder eine Beförderung zu Lande erfordert.

   Art. 31. Der Beweis für die im Artikel 30 vorgesehene Bestimmung ist in folgenden Fällen endgültig erbracht:

  1. wenn die Ware nach den Urkunden in einem feindlichen Hafen ausgeladen oder der feindlichen Streitmacht geliefert werden soll;
  2. wenn das Schiff nur feindliche Häfen anlaufen soll oder wenn es einen feindlichen Hafen berühren oder zu der feindlichen Streitmacht stoßen soll, bevor es den neutralen Hafen erreicht, wohin die Ware urkundlich bestimmt ist.

   Art. 32. Die Schiffspapiere begründen vollen Beweis in Ansinnen der Fahrt des Schiffes, das absolute Konterbande an Bord hat, es sei denn, daß beim Antreffen des Schiffes dieses offenbar von der nach den Schiffspapieren einzuhaltenden Fahrt abgewichen ist du seinen hinreichenden Grund für diese Abweichung nachzuweisen vermag.

   Art. 33. Die Gegenstände der relativen Konterbande unterliegen der Beschlagnahme, wenn bewiesen wird, daß sie für den Gebrauch der Streitmacht oder der Verwaltungsstellen des feindlichen Staates bestimmt sind, es sei denn, daß im letzteren Falle nach Ausweis der Umstände die Gegenstände tatsächlich nicht für den derzeitigen Krieg benutzt werden können; der letzte Vorbehalt findet auf die im Artikel 24 Nr. 4 bezeichneten Sendungen keine Anwendung.

   Art. 34. Die im Artikel 33 vorgesehene Bestimmung wird vermutet, wenn die Sendung an die feindlichen Behörden oder an einen im feindlichen Lande ansässigen Händler gerichtet ist, von dem es feststeht, daß er dem Feinde Gegenstände und Stoffe dieser Art liefert. Das Gleiche gilt für eine Sendung, die nach einem befestigten Platze des Feindes oder nach einem anderen der feindlichen Streitmacht als Basis dienenden Platze bestimmt ist; diese Vermutung findet jedoch keine Anwendung auf das Kauffahrteischiff selbst, da nach einem dieser Plätze fährt und dessen Eigenschaft als Konterbande bewiesen werden soll.
   Treffen die vorstehenden Vermutungen nicht zu, so wird vermutet, daß die Bestimmung unschädlich ist.
   Die in diesem Artikel aufgestellten Vermutungen lassen den Beweis des Gegenteils zu.

   Art. 35. Die Gegenstände der relativen Konterbande unterliegen der Beschlagnahme nur auf einem Schiffe, das sich auf der Fahrt nach einem feindlichen oder vom Feinde besetzten Gebiet oder zur feindlichen Streitmacht befindet und das diese Gegenstände nicht in einem neutralen Zwischenhafen ausladen soll
   Die Schiffspapiere begründen vollen Beweis in Ansehung der Fahrt des Schiffes sowie des Ortes der Ausladung der Waren, es sei denn, daß beim Antreffen des Schiffes dieses offenbar von der nach den Schiffspapieren einzuhaltenden Fahrt abgewichen ist und keinen hinreichenden Grund für diese Abweichung nachzuweisen vermag.

   Art. 36. Hat das feindliche Gebiet keine Seegrenze, so unterliegen die Gegenstände der relativen Konterbande, abweichend von Artikel 35, der Beschlagnahme, sofern bewiesen wird, daß sie die im Artikel 33 vorgesehene Bestimmung haben.

   Art. 37. Befördert ein Schiff Gegenstände, die der Beschlagnahme als absolute oder relative Konterbande unterliegen, so kann es auf hoher See oder in den Gewässern der Kriegsführenden während der ganzen Dauer seiner Reise beschlagnahmt werden, selbst wenn es die Absicht hat, einen Zwischenhafen anzulaufen, bevor es die feindliche Bestimmung erreicht.

   Art. 38. Auf Grund einer früher ausgeführten, aber bereits vollendeten Beförderung von Konterbande kann eine Beschlagnahme nicht bewirkt werden.

   Art. 39. Die Gegenstände der Konterbande unterliegen der Einziehung.

   Art. 40. Die Einziehung des die Konterbande befördernden Schiffes ist zufällig, wenn die Konterbande nach Wert, Gewicht, Umfang oder Fracht mehr als die Hälfte der Ladung ausmacht.

   Art. 41. Wird das die Konterbande befördernde Schiff freigelassen, so fallen die der nehmenden Kriegsmacht durch das Verfahren vor der nationalen Prisengerichtsbarkeit sowie durch die Erhaltung von Schiff und Ladung während der Untersuchung erwachsenen Kosten dem Schiffe zur Last.

   Art. 42. Die dem Eigentümer der Konterbande gehörenden Waren, die sich an Bord desselben Schiffes befinden, unterliegen der Einziehung.

   Art. 43. Wird ein Schiff auf See angetroffen, das sich in Unkenntnis der Feindlichkeiten oder der auf seine Ladung anwendbaren Konterbandeerklärung befindet, so könne die Gegenstände der Konterbande nur gegen Entschädigung eingezogen werden; das Schiff und der Rest der Ladung sind von der Einziehung sowie von den im Artikel 41 vorgesehenen Kosten befreit. Das Gleiche gilt, wenn der Kapitän von dem Beginne der Feindseligkeiten oder von der Konterbandeerklärung Kenntnis erlangt hat, die Gegenstände der Konterbande aber noch nicht hat ausladen können.
   Daß das Schiff den Kriegszustand oder die Konterbandeerklärung kennt, wird angenommen, wenn es einen neutralen nach Ablauf gemessener Zeit seit Bekanntgabe des Beginns der Feindseligkeit oder der Konterbandeerklärung an die diesen Hafen innehabende Macht verlassen hat. Daß der Kriegszustand dem Schiff bekannt ist, wird auch angenommen, wenn es einen feindlichen Hafen nach Begin der Feindseligkeiten verlassen hat.

   Art. 44. Ein wegen Konterbande angehaltenes Schiff, das mit Rücksicht auf das Mengenverhältnis der Konterbande nicht der Einziehung unterliegt, kann je nach den Umständen zur Fortsetzung der Fahrt ermächtigt werden, wenn der Kapitän bereit ist, die Konterbande dem Schiffe des Kriegsführenden zu überliefern.
   Die Übergabe der Konterbande wird von dem nehmenden Kriegsschiff in dem Tagebuch des angehaltenen Schiffes vermerkt; der Kapitän diese Schiffes hat dem nehmenden Kriegsschiffe beglaubigte Abschrift aller zweckdienlichen Papiere zu übergeben.
   Das nehmende Kriegsschiff ist befugt, die ihm so überlieferte Konterbande zu zerstören.


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