Art. 55. Der vor Beginn der Feindseligkeiten herbeigeführte
Übergang eines feindlichen Schiffes zur neutralen Flagge ist gültig, falls
nicht bewiesen wird, daß dieser Übergang herbeigeführt worden ist, um den mit
der Eigenschaft eines feindlichen Schiffes verbundenen Folgen zu entgehen.
Indes spricht die Vermutung für die Richtigkeit, sofern sich die
Übertragungsurkunde nicht an Bord befindet und das Schiff die Nationalität der
Kriegsführenden weniger als sechzig Tage von Beginn der Feindseligkeiten
verloren hat; der Gegenbeweis ist zulässig.
Eine unwiderlegliche Vermutung spricht für die Gültigkeit
eines Überganges, der mehr als dreißig Tage vor Beginn der Feindseligkeiten
herbeigeführt worden ist, wenn er unbedingt und vollständig ist, der
Gesetzgebung der beteiligten Länder entspricht und zur Folge hat, daß die
Verfügung über das Schiff und der Gewinn aus seiner Verwendung nicht in den
selben Händen wie vor dem Übergange bleiben. Hat jedoch das Schiff die
Nationalität des Kriegsführenden weniger als sechzig Tage vor Beginn der
Feindseligkeiten verloren und befindet sich die Übertragungsurkunde nicht an
Bord, so kann die Beschlagnahme des Schiffes nicht zum Schadenersatz Anlaß
geben.
Art. 56. Der nach Beginn der Feindseligkeiten herbeigeführte
Übergang eines feindlichen Schiffes zur neutralen Flagge ist nichtig, falls
nicht bewiesen wird, daß dieser Übergang nicht herbeigeführt worden ist, um den
mit der Eigenschaft eines feindlichen Schiffes verbundenen Folgen zu entgehen.
Jedoch spricht eine unwiderlegliche Vermutung für die
Nichtigkeit:
- wenn der Übergang herbeigeführt worden ist, während sich
das Schiff auf der Reise oder in einem blockierten Hafen befand;
- wenn ein Rückkaufsrecht oder Rückfallsrecht vorbehalten
ist;
- wenn die Bedingungen nicht erfüllt worden sind, von denen
das Flaggenrecht nach der Gesetzgebung der geführten Flagge abhängt.