Der Kampf nach Prisenordnung


Link zu der Prisenordnung von 1939

Zu den wichtigsten ersten Befehlen des zweiten Weltkrieges an die U-Boote des Reiches gehört, wie schon erwähnt, der Kampf nach der Prisenordnung. Diese war ein von mehreren Nationen mit Seeinteressen lange vor Kriegsbeginn unterzeichnetes Abkommen, das die Regeln für eine Kriegsführung mit U-Booten festlegen sollte.
U-Boote durften keine Handelsschiffe versenken, sofern diese nicht unmittelbar Kriegshandlungen vornahmen. Getauchte U-Boote durften Handelsschiffe nicht ohne Warnung angreifen. Sie mussten auftauchen, das betreffende Schiff anhalten und die Ladungspapiere prüfen. Eine lange Liste von Konterbandegütern war aufgestellt worden. Transortierte das Schiff Konterbande, durfte es von dem U-Boot versenkt werden, dann aber auch nur unter der Voraussetzung, dass die U-Boot-Fahrer für die Sicherheit des Handelsschiffbesatzung sorgten.


  Ein Frachter bekommt einen Schuß vor den Bug


Nach diesem Abkommen waren Rettungsboote auf hoher See für die Sicherheit nicht ausreichend. In diesem Fall musste die Handelsschiffbesatzung entweder an Bord des U-Bootes genommen werden oder aber von einem anderen Schiff übernommen werden.
Das an Bord nehmen war natürlich völlig unmöglich, denn auf den U-Booten reichte der Raum kaum für die eigene Besatzung aus.

Auch bewaffnete Handelsschiffe mussten nach diesen Bestimungen behandelt werden. U-Boote waren gezwungen vor den Geschützrohren der teilweise schwer bewaffneten Schiffe aufzutauchen und sie zum Stoppen aufzufordern. Es existierten nur wenige Ausnahmefälle, so zum Beispiel Handelsschiffe, die im Konvoi oder unter Geleit fuhren, in denen sie ungewarnt angegriffen werden durften.

Die Regeln dieses Protokolls machten U-Boote mehr oder weniger nutzlos. In der Tat war das ganze Abkommen sinnlos und lächerlich, und dies in einem solchen Maße, dass England davon ausging, es würde von niemandem eingehalten. Die Admiralität in London gab aus diesem Grunde bereits 1937 Anweisungen heraus, die im Kriegsfall in krassem Wiederspruch zu diesem Regeln standen.
Als aber 1939 der Konflikt begann, wollte Hitler keine weiteren Staaten in den Krieg verwickeln und gab deshalb strikten Befehl, dass die Prisenordung genauestens zu befolgen sei.


  Nachdem die Besatzung von Bord gegangen ist,
  wird das Schiff mit einem Torpedo versenkt


Einige U-Boot-Kommandanten befolgten die Prisenordung in einer extremen Weise, die schon fast ins humorvolle abdriftete.
Zu den besten Beispielen zählt Herbert Schultze, Kommandant von U 48. Am 05.09.1939 versuchte U 48 den britischen Dampfer "Royal Sceptre" anzuhalten. Aber sein Schuß vor den Bug hatte nur den Erfolg, dass das schiff seine Fahrt erhöhte und unverzüglich den 'SSS'-Notruf sendete. (Der 'SSS'-Notruf trat übrigens an die Stelle des normalen 'SOS'-Rufes, wenn das Schiff von einem U-Boot angegriffen wurde.) U 48 schoss eine zweite Granate, die das Schiff im Maschinenraum traf. Dieser Treffer brachte das Schiff zum Stoppen. Herbert Schultze wollte Verluste bei der britischen Besatzung durch weiteres Artilleriefeuer vermeiden. Also wartete er bis alle Mann von Bord waren, und schoss dann einen Torpedo. Zwischenzeitlich war U 48 jedoch in eine brenzlige Lage geraten, denn der Funkoffizier der "Royal Sceptre" war an Bord geblieben und hatte unaufhörlich 'SSS' gefunkt. Da das funken nach dem Anhalten gegen die Bestimmungen der Prisenordung verstieß durfte Schultze das Schiff ohne weiteres versenken. Die Funksignale der "Royal Sceptre" zwangen U 48 dazu, so schnell wie möglich vom Schauplatz zu verschwinden, denn britische Streitkräfte konnten nun jeder Zeit erscheinen.

Aber Herbert Schultze war betrübt beim Anblick all dieser Seefahrer in den kleinen Rettungsbooten. Doch kurz darauf sichtete die Brückenwache von U 48 ein anderes Handelsschiff. Es handelte sich um den Dampfer "Browning". Ein Schuß vor den Bug brachte ihn schnell zum Stoppen, und die Besatzung rannte über die Decks in die Rettungsboote. Die britischen Seeleute waren sehr überrascht, als sie sahen, dass das U-Boot sehr nahe harankam, aber nicht um ihr Schiff zu versenken oder zu kontrollieren. Schultze brüllte statt dessen zu ihnen herüber, wieder an Bord zu gehen. Weiterhin teilte er ihnen die letzte Position der "Royal Sceptre" mit und forderte sie auf diese anzusteuern und die überlebenden zu bergen.

In einem anderen Fall gab U 48 am 11.09.1939 an die Admiralität in London zur Weiterleitung an Mr. Churchill einen Funkspruch ab, in dem er seine genaue Position angab und mitteilte, er habe soeben den britischen Dampfer "Firby" versenkt, der keine Zeit zur Abgabe eines SOS-Rufes gehabt hatte. Churchill möge doch so freundlich sein und herkommen, um die Besatzung zu bergen.


  Ein U-Boot kümmert sich um schriffbrüchige
  Seefahrer eines torpedierten Frachters


Während der ersten Monate des Zweiten Weltkrieges gab es oft solche ritterlichen Handlungen von deutschen U-Boot-Kommandanten. Oft wurden schriffbrüchige Seeleute mit Kleigung, Proviant oder Seekarten versort. Leider veränderte sich mit dem weiteren Fortschreiten des Krieges die Lage, auch wurde die Luftüberwachung zu stark, und diese humanen und ritterlichen Aktionen mussten aufegegben werden.


Link zu der Prisenordnung von 1939




[ Hauptseite ] [ Der U-Boot-Krieg ] [ Glossar ] [ Gästebuch ] [ Forum ] [ Info ] [ Kontakt ]